Fallen Studien über Berater anders aus, wenn sie auch umgekehrt ihre Kunden direkt bewerten?
In der April-Ausgabe von Brand eins bin ich auf einen interessanten Artikel gestoßen: „Wie war ich“? Er befasst sich damit, welche Folgen es haben kann, wenn nicht nur der Kunde einen Service beurteilt, sondern der Serviceanbieter umgekehrt auch den Kunden. Ist die Kundenbewertung dann noch objektiv? Was würde das für Beraterbranche bedeuten?
Berater bewerten ihre Kunden – dürfen die das?
Das versuche ich mir gerade vorzustellen: Würden Studien über Unternehmensberatungen anders ausfallen, wenn die Berater umgekehrt auch ihre Kunden direkt bewerten würden? Nicht anonymisiert, sondern quasi 1:1. Welchen Einfluss hätte das auf die Projektbewertungen durch die Kunden? Wie würden dann Aussagen von Beratungen
Studien über Unternehmensberatungen gibt es genug, wie beispielsweise die Studie „Hidden Champions” der WGMB Wissenschaftliche Gesellschaft für Management und Beratung.
Im Rahmen dieser Erhebung befragt die WGMP Manager großer und mittelständischer Unternehmen, welchen “ hochspezialisierten, aber vergleichsweise unbekannten Beratungsunternehmen in ihrem Fachgebiet von ihren Kunden eine höhere Expertise bescheinigt wird als den drei großen Beratungshäusern BCG, McKinsey und Roland Berger.“
Unternehmensberater selbst äußern sich auch hin und wieder zur Managementkultur in deutschen Chefetagen. So zeigt die internationale Personalberatung LAB & Company in ihrem 3. LAB-Consulting-Barometer auf, dass deutsche Unternehmenslenker immer unmoralischer handeln. Von „zunehmendem Realitätsverlust bei Top-Managern, der sich in Überheblichkeit und unangemessenem Verhalten äußert“ ist hier die Rede. Für diese Studie befragte LAB & Company 7.400 Consultants von 19. bis 30. November 2015.
Ehrliches Feedback – klug oder unklug?
Doch würden Berater ein solches Feedback auch direkt an ihre Kunden zurückspielen? Würden sie sich trauen, ihrem Kunden quasi direkt ins Gesicht zu sagen, sein Management sei fernab jeder Realität? Schließlich könnten sie damit riskieren, von ihren Kunden in Punkten wie Teameffizienz, Expertise und Projektmanagement empfindlich getroffen zu werden.
Spannende Fragen, wie ich finde.
Christoph Koch, der Autor des brand eins-Beitrags, schreibt am Ende seines Artikels, er habe den von ihm genutzten Service mit „mehr als zufrieden“ bewertet, obwohl dies nicht ganz den Tatsachen entsprach. Er hatte jedoch seine eigene Bewertung durch den Serviceanbieter im Sinn, die möglichst positiv ausfallen sollte. Durch ein negatives Urteil wollte er sich nicht ins eigene Fleisch schneiden. Verständlich. Dank Internet und Social Media würde sich eine negative Bewertung ja nicht nur auf diesen einen Service beschränken, sondern könnte sein Image auch bei anderen Anbietern negativ beeinflussen.
Aus meiner Sicht können sich Kunden freuen über Berater, die ihnen ganz offen einen Spiegel vorhalten: Der Blick von außen eröffnet oftmals spannende Möglichkeiten, die man selbst vor lauter Betriebsblindheit nicht wahrgenommen hat. Schließlich ist es genau das, wofür die Kunden bezahlen – je nach Berater nicht gerade wenig.
Und gerade heute ist der Mut zur Veränderung wichtiger als jede Komfortzone für das Management. Die kann man sich ja wieder aufbauen.
Was meinen Sie dazu? Setzen Sie eher auf Diplomatie oder Offenheit, wenn Sie bewerten? Ich bin gespannt auf Ihre Meinung.
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!